Ermordung von Schutzbefohlenen in Reinickendorf – Führung über den Alten Anstaltsfriedhof

Das Netzwerk Reinickendorf Aktiv für Demokratie und Vielfalt veranstaltete am 1. September 2024 eine historische Führung zum Thema Ermordung von Schutzbefohlenen in Reinickendorf. Auf dem Friedhof der ehemaligen Wittenauer Heilstätten wurden Tausende Patient*innen beerdigt, die dort während des Nationalsozialismus zu Tode kamen. Ruth Orland vom „Freundeskreis Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof“ führte ein Dutzend Interessierte über das Gelände. Es wurde deutlich, dass die Existenz des Friedhofs lange Zeit in Vergessenheit geraten und erst durch die unermüdliche Arbeit der Ehrenamtlichen des Freundeskreises wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist. So ist neuerdings der Friedhof endlich auch auf dem offiziellen Lageplan eingezeichnet. Mitglieder des Freundeskreises haben sich mit handgemalten Schildern um die Ausschilderung des Friedhofs und um Markierungen von Gräbern gekümmert. Der Hauptweg des Friedhofs wurde kurz vor der Führung von jungen Erwachsenen, die an einem internationalen Freiwilligencamp teilnahmen, freigeräumt und -geschnitten.

Der Freundeskreis pflegt nicht nur den Friedhof, sondern recherchiert auf Grundlage von Krankenakten auch die Einzelschicksale von Personen, die in die Heilanstalt eingewiesen wurden. Darunter war eine Mutter, die nach einem Nervenzusammenbruch von ihren nationalsozialistischen Nachbarinnen in die Klinik gebracht worden war, und dort nach wenigen Wochen verstarb. Auch Jugendliche wurden teilweise nach Wittenau verlegt und starben dort. Insgesamt kamen dort nach Kriegsbeginn etwa 2000 Patient*innen der Anstalt um, häufig kurz nach ihrer Ankunft. Die Angehörigen wurden in der Regel nicht benachrichtigt. Ein Zusammenhang zu den systematischen Krankenmorden liegt daher nahe. Auf dem Friedhof waren bis in die 1990er Jahre außerdem sowjetische Kriegsgefangene beerdigt.

Die Teilnehmenden stellten zum Schluss an den improvisierten Grabmälern und der Friedhofsmauer Blumen auf.